Eine Reise ins Mittelalter – ein Besuch auf dem Campus Galli

Im frühen Mittelalter entstand auf der Insel Reichenau im Bodensee der Sankt Gallener Klosterplan. Dieser Plan wird bis heute im Kloster St. Gallen aufbewahrt. Der Plan ist kein konkreter Bauplan, ihm fehlt zum Beispiel die dritte Dimension, er soll eher eine ideale Klosterstadt darstellen. Nie ist nach diesem Plan ein Kloster gebaut worden. Bis heute.


Als im Jahr 2005 der Aachener Bert M. Geurten eine Dokumentation über das Bauprojekt der Burg Guédelon sah, hatte er die Idee ähnliches mit einem Klosterbau zu versuchen. Er schaffte es, den Bürgermeister der Stadt Meßkirch zu überzeugen. Seit dem Jahr 2012 entsteht in der Nähe der Stadt der Campus Galli. Nun, entstehen ist vielleicht nicht ganz korrekt. Unser Campus-Führer über das Gelände antwortete auf die Frage, wann man denn fertig sein wolle, dass man bereits fertig sei. Man habe eine mittelalterliche Klosterbaustelle gewollt und diese sei nun vorhanden.

Somit ist auch das Projekt Campus Galli in Kurzform beschrieben, aber etwas ausführlicher soll es dann doch werden. Beim Campus Galli geht es zum einem darum, sich dem Klosterplan baulich anzunähern. Wie hätte solch ein Kloster in der Realität ausgesehen? Zum anderen geht es aber auch darum herauszufinden, wie genau im frühen Mittelalter gebaut wurde. Welche Techniken standen zur Verfügung? Wie wurden diese eingesetzt? Es wird also versucht, so originalgetreu wie möglich zu bauen. Dies fängt bei der Arbeitskleidung an: Die Mitarbeitenden kleiden sich in weitestgehend originalgetreuer mittelalterlicher Kleidung. Weitestgehend deswegen, weil Brillenträger weiterhin ihre Brille tragen dürfen oder als Zugeständnis an heutige Sicherheitsanforderungen Sicherheitsschuhe getragen werden. Die Werkzeuge aber werden zum Beispiel in einer mittelalterlichen Schmiede auf dem Campus von Hand geschmiedet. Das Wasser welches in der Töpferei benötigt wird, wird in auf dem Campus hergestellten Holzeimern herangetragen.


Es ist spannend zu sehen, wie aufwändig die Arbeitsprozesse sind. Dieser Aufwand aber auch gleichzeitig zu Effizienz zwingt. Alles wird so gut es geht weiter verwendet, denn zum wegwerfen ist es zu schade.

Wir haben uns zum Start eine Führung gegönnt und sind nach einer kurzen Mittagspause auf dem Marktplatz auf eigene Faust über das Gelände gegangen. Alle dort Beschäftigen waren immer zu einer ausführlichen Auskunft bereit. Ach ja, die Beschäftigten. Es gibt eine Anzahl fester Mitarbeiter, wer aber Lust und Laune hat, kann dort gerne ehrenamtlich mitarbeiten. Die Mindestzeit beträgt eine Woche. Auch FSJ-Plätze werden vergeben.

Es war ein spannender Tag. Ich kann allen, die in der Gegend sind nur empfehlen, sich ein paar Stunden Zeit für einen Besuch im Mittelalter zu nehmen.

Zum Abschluss noch ein Buchtipp: Im Gmeiner Verlag ist der offizielle Baustellenführer zum Campus Galli erschienen.
Hannes Napierala
„Campus Galli – Der offizielle Baustellenführer“
ISBN 978-3-8392-2943-9

Schreibe einen Kommentar